Stichwahl im Ilm-Kreis – ein Sieg und schwere Jahre für Petra Enders

Schon kurz vor 18.00 Uhr füllte sich das Wahlkreisbüro von Petra Enders am Ilmenauer Topfmarkt – verhalten zunächst, doch rasch wurde es brechend voll in dem kleinen Raum: Mitglieder und Sympathisanten der Linkspartei, Freunde, Bekannte und dann auch noch Presse und sogar das Fernsehen. Herrschte zunächst noch gespannte Aufmerksamkeit, so begann sich dieses Spannungsgefühl erst langsam, sodann aber immer schneller zu lösen. Immerhin hatten die letzten vierzehn Tage noch einmal vollen Einsatz gefordert, vollen Einsatz von Mitgliedern und Sympathisanten, vor allem aber von ihr persönlich, galt es doch nach dem äußerst knappen Ergebnis vom 22. April Wählerinnen und Wähler erstens zu ermutigen, zur Stichwahl zu gehen und zweitens der Kandidatin der Linkspartei zum Sieg über den CDU-Amtsinhaber zu verhelfen. Dabei hatte dessen Partei alle Register gezogen, um das Landratsamt in Arnstadt behaupten zu können, denn ihr ging es offenbar wie dem in die Enge getriebenen Tier, das in Panik geraten blindlings zubeißt: In Ilmenau warf Oberbürgermeister Seeber seinen Sieg in die Waagschale und ließ an alle Haushalte ein Unterstützungsschreiben verteilen, in dem er die Bilanz seines Parteifreundes Benno Kaufhold in den rosigsten Farben malte.

Dabei konnte sein Versuch, sich als Kunstmaler oder richtiger gesagt Schönfärber zu betätigen, ebenso wenig wie die rasch von der Jungen Union aufgehängten Plakate mit „Benno's Bilanz“ vergessen machen, was auf der Debetseite zu verbuchen und nicht zu tilgen ist. Die gegen alle Proteste durchgesetzte Schließung der geburtshilflichen Abteilung im Ilmenauer Krankenhaus ist dort ebenso vermerkt wie sein letztlich gescheiterter Versuch, in der Schule in seinem Wohnort Stützerbach die Lichter für immer ausgehen zu lassen, und das sind nur einige der vielen Posten, die zu seinen Ungunsten zu Buche stehen. In Gehren wurde gar ein Schreiben verteilt, dessen Inhalt weit unter der Gürtellinie lag und eine Stadträtin der Linkspartei veranlasste, aus Protest gegen solcherart unfairen Wahlkampf ihr Mandat niederzulegen.

Doch schon nach Auszählung der ersten Stimmbezirke wurde ein klarer Sieg von Petra Enders wahrscheinlich, die Spannung in den Räumen des Wahlkreisbüros wich zunehmend einer Stimmung freudiger Zuversicht. Freilich blieb alles noch verhalten, denn in solcher Situation ist es besser, an jene alte Weisheit zu denken, die da lautet „Nicht zu früh jubeln, Käpt'n, bis zum Land ist es noch weit!“ Wer trotz aller Sicherheiten die Ruhe bewahrt und nicht unbedachter Selbstsicherheit den Vorzug gibt, wird am Ende doppelt belohnt, wenn das Ziel erreicht ist, zumal ihm bittere Enttäuschung erspart bleibt. Doch je mehr Wahlergebnisse einliefen, desto klarer zeichnete sich ein Sieg für die Kandidatin der Linkspartei ab und als die Anzeige am Ende bei 57,8 % der abgegeben Stimmen lag, kannte der Jubel keine Grenzen: Unzählige Händedrücke und viele Blumen nahm Petra Enders entgegen, die Sektgläser klangen und dann wurde „Hoch soll sie leben!“ gesungen. Jemand wollte sogar „Auf, auf zum Kampf“ anstimmen, wovon dann allerdings wegen der Anwesenheit ihrer Unterstützerinnen Eleonore Mühlbauer von der SPD und Madeleine Henfling von den Grünen Abstand genommen wurde. Von der Sache her ist dieses Lied freilich wie kein anderes geeignet, das zu beschreiben, was der Freude über den Wahlsieg folgt, denn der Sieg am Wahltag ist das eine, den Sieg über die gesamte Wahlperiode durch solide und erfolgreiche Arbeit im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu behaupten und als Grundlage für die mit Sicherheit kommende nächste Wahl auszubauen das andere. Petra Enders weiß das und sie machte sowohl in ihrer Dankesrede als auch beim Gespräch mit den Vertretern der örtlichen Presse nicht nur deutlich, dass sie auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet ist, sondern auch, wo sie Schwerpunkte setzen will – Schulhorte und Ilm-Kreis-Kliniken sind nur zwei davon. Lediglich mehr Transparenz auf die Fahnen zu schreiben, aber kein Programm zu haben und solches dann auch noch als großen Vorzug zu preisen, mag der Piratenpartei gut zu Gesicht stehen, linke Politik dagegen setzt auf klare Inhalte und Ziele sowie natürlich solide und transparente Arbeit. Das zahlt sich am Ende aus, alles andere ist Aktionismus, dessen Ergebnis bestenfalls ein kurzlebiges ist. Gewiss darf sich die Linkspartei auch einmal die Freude über die Niederlage von Benno Kaufhold und der CDU gönnen, die allen noch am selben Abend ergangenen Beschwichtigungs- und Beschönigungsversuchen von Frau Lieberknecht zum Trotz eine verheerende ist, zumal Nordhausen (Birgit Keller), Altenburg (Michaele Sojka) und Eisenach (Katja Wolf) künftig ebenfalls links regiert werden. Abgerundet wird das Ganze durch die Erfolge von Frank Fiebig in Gräfenroda, Karl Koch in Brotterode-Trusetal und Claudia Nissen in Kahla. Nicht gering zu bewerten ist auch die Niederlage des CDU-Kandidaten in Heiligenstadt, der Hauptstadt der CDU-Hochburg Eichsfeld. Die Kreisstadt war von dieser Partei seit 1945 ununterbrochen regiert worden, die heute von ihr so geschmähte und begeiferte SED hatte sich dort bis 1989 als Bündnispartnerin in durchaus kluger Zurückhaltung geübt gehabt. Zwar bleibt abzuwarten, welche politische Haltung Wahlsieger Thomas Spielmann von der Bürgerinitiative Menschen für Heiligenstadt vertreten wird, aber diese Niederlage gerade in ihrer Hochburg trifft die CDU nicht weniger hart als die hier im Ilm-Kreis.
Doch was nun kommt, ist die sprichwörtliche Kärrnerarbeit – was bislang bereits angedacht wurde, gilt es nun in die richtige Form zu gießen, will heißen, die verbleibende Zeit bis zum Amtswechsel im Juli ist für die gründliche Vorbereitung der künftigen Arbeit zu nutzen und dafür braucht Petra Enders die Unterstützung ihrer Partei, und nicht nur dieser, ohne jedes Wenn und Aber. Ab jetzt gilt wirklich und wahrhaftig: „Auf, auf zum Kampf!“ Und noch eines gilt es zu bedenken – DIE LINKE hat eine Petra Enders, aber eben nur eine, wo sie doch für die nächsten Jahre mehr als nur eine ihres Formats, ihrer Ausstrahlungskraft und ihrer Attraktivität benötigt. Mit Klonen ist da nun einmal nichts zu machen...

H.-J. Weise