Dagegen hilft nur Druck

Arnstädter Diskussion zu Solarförderungs-Einschnitten

Das Entsetzen über die von der Bundesregierung geplanten schweren Einschnitte bei der Solarstromförderung ist groß. Sie versetzen der expandierenden Photovoltaik-Branche einen schweren Schlag und behindern die viel beschworene Energiewende.

Dagegen hilft nur Druck – parlamentarisch und außerparlamentarisch, betonte MdB Jens Petermann, Moderator der Diskussionsveranstaltung der Bundestagsfraktion DIE LINKE zur Zukunft der Solarförderung, die am 8. März Vertreter aus Politik, Gewerkschaften und Photovoltaik-Unternehmen in Arnstadt zusammenführte.
Wenige Tage zuvor hatten am Brandenburger Tor in Berlin tausende Beschäftigte der Branche, unter ihnen zahlreiche Thüringer, demonstriert.  Das war eindrucksvoll und das war wichtig, betonte Ralph Lenkert, Obmann der Bundestagsfraktion im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie Mitglied im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit.
Er legte Zahlen und Fakten auf den Tisch, die er auch bei seiner Rede in der Aktuellen Stunde im Bundestag aufgeführt hatte: „120.000 Menschen arbeiteten 2011 in der Solarindustrie. In Thüringen wurden für neue Arbeitsplätze durchschnittlich 40.000 Euro an Fördermitteln gezahlt.
Will man mit diesem Fördersatz 120.000 neue Arbeitsplätze schaffen, so kostet dies 4,78 Milliarden Euro. Die Kosten für einen Arbeitslosen liegen bei 20.000 Euro je Jahr. Teile ich die 660 Millionen Euro an gestrichener Solarförderung durch die gefährdeten 120.000 Jobs, dann stelle ich fest: Diese Regierung riskiert jeden dieser Arbeitsplätze für 5.500 Euro.“  
In Thüringen sind 5.000 Beschäftigte direkt betroffen. Bernd Messerschmidt, bei der IG Metall in Thüringen zuständig für die Solarunternehmen, sprach von Zorn und einem Wechselbad der Gefühle. „Bis gestern waren wir noch eine Zukunftsbranche, jetzt werden wir von der Bundesregierung als Preistreiber ausgemacht.“ Dabei koste Solarstrom heute schon weniger als der Verbraucher für die Kilowattstunde bezahlen müsse und in ein paar Jahren sei er billiger als Strom aus Windkraft, gab Ralph Lenkert zu bedenken. „Photovoltaik ist zudem die einzige Technologie, die auch in kleinen Anlagen wirtschaftlich ist. Das bringt Unabhängigkeit und gefährdet damit das Erzeugermonopol der Energiekonzerne, welches die Bundesregierung sichern will. Daher wird die Industrie, die für eine kleinteilige Stromproduktion steht, benachteiligt.“
So sieht es auch Matthias Peschke, operativer Geschäftsführer von Masdar PV, einem jungen, aufstrebenden Unternehmen, das Dünnschicht-Solarmodule produziert und sich am Erfurter Kreuz angesiedelt hat. Angesichts der Planungsvorläufe forderte er eine verlässliche Politik und betonte die Notwendigkeit des Umbruchs hin zu dezentralen Netzen. Dass sich in der Arnstädter Runde auch in diesem Punkt alle einig waren, hat Petra Enders, die als Vorkämpferin gegen den Neubau der 380 kV-Trasse und trotz Erkältung gekommen war, natürlich besonders gefreut. Allerdings sind die Auswirkungen der Berliner Kürzungspläne auch schon in ihrer Stadt zu spüren. Die Bürgermeisterin von Großbreitenbach berichtete, wie sie sich auf den Weg zur Energieautonomie gemacht haben, jedoch überlegen sie jetzt, ob sie die Pläne zur Installation von Photovoltaikanlagen auf einer Deponie umsetzen werden.
Dennoch bleibt die Landtagsabgeordnete – und übrigens auch Landratskandidatin der LINKEN für den Ilmkreis – dabei: „Energie muss dort produziert werden, wo sie gebraucht wird.“ Die Netze müssten entsprechend modernisiert und an die dezentralen Energien angepasst werden. Als Vertreter der installierenden Branche gab Robert Fichtner, Geschäftsführer der Solardach24 GmbH, seinem Optimismus Ausdruck, dass die dezentrale Technik nicht mehr aufzuhalten ist. An den Rückmeldungen seiner Kunden spüre er, „das Interesse ist ungebrochen“.
Wir werden zu „innovativen Lösungen kommen“, zeigte sich in der Abschlussrunde auch der Masdar-Geschäftsführer überzeugt. Reihum wurde unterstrichen, dass mehr in die Forschung investiert werden müsse, um neue Produkte und vor allem Speichertechnologien zu entwickeln. Zu den Visionen gehörten die Häuser der Zukunft, die keinen Stromnetzanschluss mehr brauchen, und die energieautarken Kommunen.
Das Thema wird jetzt auch im Thüringer Landtag wieder besprochen werden, die Linksfraktion hat einen Antrag eingereicht zur Rücknahme der überzogenen Kürzung bei der Solarstromförderung.          

A. Rudolph