Antrittsrede von Petra Enders zur Kreistagssitzung am Dienstag, dem 17. Juli 2012 im Rathaus der Kreisstadt Arnstadt

Werte Frau Kreistagsvorsitzende,
Herr Dill,
meine sehr geehrten Damen und Herren Kreistagsmitglieder,
liebe Gäste,

es war mein Wunsch, im Anschluss an meine Vereidigung hier darüber zu reden, wie ich mir meine Arbeit als Landrätin des Ilm-Kreis vorstelle und welche Aufgaben wir gemeinsam zu lösen haben.

Zunächst möchte ich mich ganz herzlich beim Bürgermeister der Kreisstadt, Herrn Dill, bedanken, dass er uns die Möglichkeit einräumt, hier in diesem herrlichen Saal des Arnstädter Rathaus, tagen zu können.

Viele, vielen Dank!

Das hat auch eine gewisse Symbolik: Der Kreis geht auf die Städte und Gemeinden zu. Wir sind beide Teil der kommunalen Familie. Wir nutzen die Synergieeffekte. Wir lassen uns nicht auseinander dividieren.
Wir halten zusammen!
Das klingt jetzt zugegebener maßen etwas pathetisch. Aber, und da bin ich schon bei einem 1. Punkt meiner Amtsführung: Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen. Wir müssen zusammenarbeiten. Die Städte und Gemeinden, aber auch all die anderen, die in politischer Verantwortung stehen.
Wir müssen über Partei-, Fraktions- und Gebietsgrenzen in unserem Landkreis  hinweg den Konsens finden.
Den Konsens. Nicht den faulen Kompromiss.
Es muss immer der Ilm-Kreis im Mittelpunkt unseres Handelns stehen, die Menschen die hier leben, lernen und arbeiten. Und wir müssen uns daran messen lassen, das künftige Generationen sagen: Ihre Heimat lag bei uns in guten Händen.
Zu solch einer nachhaltigen Arbeit lade ich Sie alle recht herzlich ein.

2. meine sehr geehrten Damen und Herren, lade ich Sie dazu ein, um mit Willi Brandt zu sprechen: „Wir müssen mehr Demokratie wagen!“
Bürgerbeteiligung in vielfältiger Form, Offenheit, Transparenz. Nichts im stillen Kämmerlein oder hinter verschlossenen Türen.
Die Einwohnerinnen und Einwohner des Ilm-Kreis müssen mitreden können. Mehr noch, sie müssen von uns, von uns allen, zum mitreden aufgefordert werden. Und das Mitmachen muss ihnen natürlich auch ermöglicht werden.
Mitreden und Mitentscheiden!
Aber bitte nicht als Alibiveranstaltungen. Sondern es kann nur um ernsthafte und ernst gemeintes Mitreden und Mitentscheiden gehen.
Ich habe vor wenigen Monaten mit Heiner Geisler in einem Podium gesessen und über solche Fragen diskutiert. Heiner Geisler, ehemaliger CDU - Generalsekretär, hat dort von seinen Erfahrungen als Schlichter bei Stuttgart 21 gesprochen. Sein Gredo: Bürger, Verwaltung und Vorhabensträger müssen sich auf Augenhöhe begegnen, rechtzeitig, und die Nullvariante muss immer eine reale Option sein.
Das ist genau der richtige Weg, für den auch ich stehe, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Alibibeteiligungen derart, wie wir sie jetzt nach Jahren bei der 380 kV-Leitung erleben – erst wird überhaupt nicht mit uns geredet – und jetzt nicht über das „OB“, sondern nur noch über das „WIE“. Das lehne ich ab.
Das ist keine Bürgerbeteiligung!

3. gestatten Sie mir, dass ich kurz auf die Probleme eingehe, die in den nächsten Wochen und Monaten unmittelbar gelöst werden müssen.

Ilm-Kreis-Kliniken: Unser kommunales Krankenhaus ist ins Gerede gekommen. Ich habe mit allen Beteiligten viele Gespräche geführt. Ich will hier dazu ganz klar feststellen:
In den Ilm-Kreis-Kliniken wird eine hervorragende Arbeit geleistet. Jeder, der sich dorthin zur medizinischen Behandlung begeben muss, kann sicher sein, dass ihn die bestmögliche Versorgung und Betreuung erwartet. Ich will mich an dieser Stelle beim medizinischen Personal, bei Ärzten, Schwestern und Pflegern aber auch bei den technischen Kräften und der Verwaltung für die geleistete Arbeit bedanken und ihnen versichern, dass ich als Landrätin dass mir mögliche tun werde, um dafür zu sorgen, dass das so bleibt. An beiden Standorten, in Ilmenau und Arnstadt.
Aber es gibt natürlich auch Defizite. Die Defizite, die ich, die wir erkennen mussten, liegen in der Abstimmung der Kompetenzen. Der Kompetenz des Gesellschafter Ilm-Kreis, des Aufsichtsrates und der Klinikleitung.
Diese Kompetenzen müssen entsprechend den Erfahrungen, die bislang gemacht worden sind, neu einjustiert werden.
Damit wurde begonnen. Im Herbst werde ich dem Kreistag dazu einen Vorschlag unterbreiten.

Nächster Punkt, Abfallwirtschaft: Der Kreistag hat Anfang Januar diesen Jahres den Verzicht auf eine Neuausschreibung von Entsorgungsleistungen beschlossen und stattdessen die Kommunalisierung, in Form der Integration von Entsorgungsdienstleistungen in den Abfallwirtschaftsbetrieb Ilm-Kreis, auf den Weg gebracht. Über den Stand der Umsetzung und möglicher Probleme hat Sie, verehrte Kreistagsmitglieder, mein Amtsvorgänger Herr Dr. Kaufhold in einem internen Material informiert.
Aus meiner Sicht sage ich: Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Grund, die Umsetzung dieses Beschlusses in Frage zu stellen. Ich werde das, was ich als Landrätin tun muss, insbesondere im Kontakt mit dem Landesverwaltungsamt, tun.
Ich sage aber auch, und da schließe ich mich der Schlussfolgerungen meines Vorgängers im Amt an: Es wird wegen der Komplexität dieser Aufgabe zu Verzögerungen kommen. Wir werden die Kommunalisierung der Entsorgungsleistung und die Einführung eines mengenbezogenen Gebührenmaßstabes, als ganzes, nicht zum 1. Januar 2014 schaffen. Es geht aber, wegen der damit verbundenen Investitionen, nur als ganzes, in einem Schritt, die Fachleute hier im Raum wissen das.
Und um diese Zeit zu überbrücken, ist nochmals eine Satzung mit personengebundener Gebühr, mindestens für das Jahr 2014, in Abstimmung mit dem Thüringer Landesverwaltungsamt, in Kraft zu setzen. Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, das wird Ihre Zustimmung finden.

Schulnetzplanung:  Spätestens Ende nächsten Jahr werden wir die Weichen für eine neue Schulnetzplanung stellen müssen. Der in diesem Jahr beschlossene Plan gilt bis Ende des Schuljahres 2013/14. Wir wissen aber auch, dass noch nicht alle Probleme, die während der sehr emotional geführten Diskussion im Frühjahr aufgeworfen worden sind, abgearbeitet worden.
Offen sind die Interessenbekundungen zur Bildung weiterer Gemeinschaftsschulen in Großbreitenbach und Gräfenroda. Wenn es von dort Anträge geben sollte, werden wir uns damit befassen.
Nicht abschließend geklärt ist die Kommunalisierung der Horte. Was wir an Lösungen selbst erarbeitet haben sind Provisorien. Ich will mich klar positionieren und sage: Grundschule und Hort gehören zusammen. Bildung ist Ländersache. Dort gehört die inhaltliche Ausrichtung der Schulen hin und wo die Schulen sind, müssen auch die Horte sein, beim Land.
Wir sind der Schulträger und für die materiellen Voraussetzungen zuständig.
Und ich sage noch dazu: Auf keinen Fall dürfen die unterschiedlichen Interessenlagen zwischen dem Landkreis als Schulträger und dem Bildungsministerium im Land auf den Rücken von Horterzieherinnen und -erziehern ausgetragen werden.

Ansonsten, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich an den überwältigenden Erfolg des Bürgerbegehrens „Lasst die Schule im Dorf“ erinnern. Über 18.000 Einwohnerinnen und Einwohner des Ilm-Kreis haben uns dort zu verstehen gegeben: „Wir wollen keine weitere Ausdünnung des Schulnetzes. Wir wollen, das Schulen auch im ländlichen Raum erhalten  bleiben“.
Ich fühle mich diesem Bürgerbegehren verpflichtet und ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam nach Wegen suchen, dieses anspruchsvolle Ziel auch zu erreichen.

Einen Punkt noch verehrte Anwesende, möchte ich noch unter den zeitnah zu lösenden Problemen zu Beginn meiner Amtszeit als Landrätin noch sagen:
Die Erarbeitung des Haushaltes für das Jahr 2013.
Die Arbeiten daran haben in der Verwaltung begonnen. Ich verschaffe mir gerade einen Überblick über die vorhandenen Ressourcen. Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage: All zu viel Spielraum ist nicht da. Von meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im Thüringer Landtag aber auch von der Landesregierung höre ich auch nichts Gutes. Es soll wieder am Kommunalen Finanzausgleich gedreht  und bei den Schlüsselzuweisungen gekürzt werden. Die Aufgaben werden aber nicht weniger. Eines steht deshalb schon jetzt fest: Es wird auch 2013 wieder eine Herausforderung.
Was ich tun will ist 1. Sie als Kreistagsmitglieder möglichst frühzeitig in die Erarbeitung mit einzubeziehen und 2. den Bürgerinnen und Bürgern möglichst zeitnah dazu ein Angebot zu unterbreiten, sich an die Haushaltsdiskussion zu beteiligen.
Am 14. November werde ich Ihnen den Entwurf vorlegen und gehe davon aus, dass wir den Haushalt 2013 noch in diesem Jahr, zur Kreistagssitzung am 19. Dezember, verabschieden können.

Frau Vorsitzende, meine sehr geehrten Damen und Herren,

gestatten Sie mir 4. noch etwas zu dem zu sagen, wo ich mir in besonderer Weise Hilfe und Unterstützung vom Kreistag und seinen Ausschüssen erwarte.

Ich möchte, liebe Kreistagsmitglieder, dass wir uns im Kreistag mit in die Diskussion zur Erweiterung des Biosphärenreservates Vessertal einbringen. Das betrifft nicht unerhebliche Flächen im Kreis.
Ich weis, dass unser Kreistagsausschuss für Natur, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten einer der ersten war, der den Kontakt zur Reservatsleitung gesucht hatte. Ich weis auch, dass die bisherige Stellungnahme der Kreisverwaltung zur Reservatserweiterung sich eher kritisch zu den Plänen positioniert hat. Ich nehme aber auch zur Kenntnis, dass sich viele von der Erweiterung betroffene Gemeinden positiv dazu äußern und entsprechende Beschlüsse schon gefasst haben oder vorhaben, entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Der Kreistag sollte das Für und Wider aus seiner Sicht versuchen objektiv zu beurteilen und so einen Beitrag leisten, dass auch die Menschen wissen, worum es geht und warum so und nicht anders, eine Empfehlung zu den Erweiterungsplänen des Biosphärenreservates ausgesprochen werden wird.

Ein weiterer Punkt, wo ich darum bitte, ihn noch einmal aufzugreifen ist die Einbindung des Öffentlichen Personennahverkehrs im Ilm-Kreis in den Verkehrsverbund Mittelthüringen.
Der ablehnende Standpunkt der Verantwortlichen im Kreis dazu ist mir bekannt. Es ist aber auch so, dass mich gerade deswegen nicht wenige Nachfragen erreichen, auch aus dem Kreistag und ich ganz einfach möchte, dass die Positionierung die wir als Landkreis in dieser Angelegenheit haben, auch öffentlich nachvollziehbar ist.
Der überörtliche öffentliche Personennahverkehr ist eine Pflichtaufgabe des Kreises. Wir lassen ihn uns auch etwas kosten. Aber wir müssen auch die Fragen aus der Bevölkerung, von Touristen und Gästen, von all denen, die diesen ÖPNV nutzen wollen oder müssen, um ihre Mobilitätsbedürfnisse auf den Weg zur Arbeit und zurück oder in ihrer Freizeit oder sonst wann zu befriedigen. Denen müssen wir antworten können, wenn sie fragen: Warum die Städte Erfurt, Weimar, Jena und Gera und die Landkreise Gotha, Weimarer Land und der Saale-Holzland-Kreis zum Gebiet des Verkehrsverbundes Mittelthüringen gehören und der Ilm-Kreis nicht?
Ich möchte, dass der Kreistag Verantwortung bei der Beantwortung dieser Frage wahr nimmt.

Einen dritten Punkt möchte ich nennen. Die Entwicklung des Ilm-Kreis zu einer „Modellregion erneuerbare Energie“. Die Energiewende, dies brauche ich hier sicher nicht weiter ausführen, steht auf der Tagesordnung. Ich möchte, dass der Ilm-Kreis dazu einen eigenen Beitrag leistet. Die Voraussetzungen, auch da setze ich Übereinstimmung in den Auffassungen voraus, sind dafür sehr gut. Mit der Technischen Universität, den am Erfurter Kreuz angesiedelten Firmen, dem Know-how vieler klein- und mittelständiger Betriebe kann man das eindrucksvoll belegen. Wir haben Vereine, die sich diese Aufgabe auf ihre Fahne geschrieben haben und wir haben seit Jahren großen Erfolg mit der Woche der erneuerbaren Energie und dem Schulenergietag.
Das muss weiter ausgebaut werden.
Die Akteure müssen stärker vernetzt werden.
Und der Landkreis muss in punkto Energieeinsparung und bei der Anwendung und Erzeugung erneuerbarer Energie eine Vorbildrolle einnehmen. Das schließt, wenn  es nach mir geht, mit ein, zum Beispiel auf Gebäuden, die dem Kreis gehören, nicht nur Flächen für Solaranlagen zur Verfügung zu stellen, sondern selbst welche installieren zu lassen. Hier sollten wir die Zurückhaltung der letzten Jahre aufgeben und wir sollten auch darüber nachdenken, wieder eine eigene Energieagentur aufzubauen.
Zu diesen Punkten wünsche ich mir eine offensive Diskussion.
Ich sage dies auch im Zusammenhang mit den, von großen Teilen der Bevölkerung im Kreis mitgetragenen, Protest gegen 380 - KV-Leitungen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir können beim Protest nicht stehen bleiben! Erneuerbare Energie ist vor allem dezentral erzeugte Energie!

Wir sind im Ilm-Kreis auf diesem Gebiet gut vorangekommen. Aber es sind noch längst nicht alle diesbezüglichen Reserven erschöpft.

Am Schluss meiner Ausführungen möchte ich Ihnen sagen, dass ich am 1. Juli 2012 mein Amt angetreten habe. Ich bin von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung freundlich empfangen worden. Wir sind dabei, uns gegenseitig kennen zu lernen.

Eine erste Bewährungsprobe, die glücklicher Weise sehr glimpflich abgelaufen ist, als die Gefahr bestand, dass mit Kolibakterien versetztes Trinkwasser den Norden des Kreises erreichen könnte, ist bestanden worden.
Es hat, wie wir heute wissen, zu keiner Zeit, eine Gesundheit gefährdende Situation geherrscht.

Was ich nach 2 ½ Wochen als Landrätin einschätzen kann: Wir werden eine moderne, bürgerfreundliche Kreisverwaltung sein. Keiner der zu uns kommt, wird sich als Bittsteller fühlen müssen. Jeder ist willkommen und wir sind, bei mir angefangen, gewillt, sein Anliegen nach besten Kräften zügig und pünktlich zu erledigen.

Vor mir, vor uns, liegt eine spannende Zeit. Ich will eine Landrätin für alle sein und lade Sie als Kreistagsmitglieder ein, mitzuhelfen, den Ilm-Kreis weiter erfolgreich zu gestalten.
Meine Einladung geht aber auch an alle anderen.
An die zahllosen Vereine und Verbände, ohne deren ehrenamtliches Engagement das gesellschaftliche Leben im Kreis überhaupt nicht möglich wäre.
An die Vertreter der Wirtschaft für deren Anliegen ich immer ein offenes Ohr haben werde.
An die Bürgermeister, ihre Räte in den Städten und Gemeinden und natürlich an Sie, liebe Kreistagsmitglieder.
Es ist eine neue Seite im Buch des Ilm-Kreis aufgeschlagen worden. Ich freue mich auf eine konstruktive Zusammenarbeit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!